Frau liegt auf der Seite und hält sich den schmerzenden Bauch

Kasuistik

Gyn-Depesche 4/2021

Das Herlyn-Werner-Wunderlich-Syndrom

Das Herlyn-Werner-Wunderlich-Syndrom geht auf eine Entwicklungsstörung des Müller-Gangs zurück und zeichnet sich durch die Trias Uterus didelphys, obstruierte Hemivagina und ipsilaterale Nierenagenesie aus. Zwei philippinische Forscherinnen berichten den seltenen Fall einer begleitenden Scheiden-Nabel-Fistel.
Kommentar
Ein HWWS scheint die Fertilität der betroffenen Frauen nicht wesentlich zu beeinträchtigen, berichten die Autorinnen – insbesondere wenn die Fehlbildung frühzeitig erkannt und entsprechend therapiert wird. Allerdings sind langfristige Komplikationen in Folge der Nierenagenesie bzw. -dysplasie nicht ausgeschlossen: Um eine Hypertonie, Proteinurie und chronische Nierenfunktionsstörungen rechtzeitig erkennen zu können, ist ein engmaschiges Monitoring der Frauen wichtig.
Mit einer Prävalenz von weniger als 1 pro 1 Million Frauen ist das Herlyn- Werner-Wunderlich-Syndrom (HWWS) ein sehr seltenes Fehlbildungssyndrom. Die Erkrankung manifestiert sich typischerweise mit Unterbauchschmerzen mit oder ohne Dysmenorrhoe sowie – in Folge der Hämatometra bzw. des Hämatokolpos – einem tastbaren Unterbauchtumor. Auch übelriechender Fluor vaginalis sowie Miktionsschwierigkeiten können auftreten. Häufig wird die Diagnose erst spät gestellt, da die Betroffenen regelmäßig menstruieren.
So auch im Fall einer 35-jährigen Nulligravida, die sich mit einer purulenten umbilikalen Sekretion sowie einem ähnlichen vaginalen Ausfluss vorstellte. Sie berichtete über einen regelmäßigen Zyklus mit gelegentlicher Dysmenorrhoe sowie über intermittierende Bauchschmerzen. Zehn Jahre zuvor war ihr rechtes Ovar nach der Ruptur einer Endometriosezyste im Rahmen einer Notfall-Laparotomie entfernt worden. Im rechten Unterbauch war ein druckdolenter Tumor tastbar. Aus einer Fistelöffnung am geröteten Nabel entleerte sich aus einem fluktuierenden Depot übelriechendes Sekret. Die gynäkologische Untersuchung inklusive Sonographie zeigte ein longitudinales Vaginalseptum der rechten Hemivagina mit einem rund 360 ml fassenden Hämatopyokolpos sowie eine Doppelanlage des Uterus. Ferner stellte sich ein infraumbilikaler Fasziendefekt dar, der über ein echoarmes Flüssigkeitsdepot mit dem rechten Hämatopyokolpos kommunizierte. Die umbiliko-vaginale Fistel entstand vermutlich sekundär in Folge des Druckanstiegs im Hämatopyokolpos, meinen die Kolleginnen. Sie resezierten das Vaginalseptum unter antibiotischer Abdeckung und entleerten das blutigpurulente Depot. Anschließend sistierte auch die Nabelsekretion und die Fistel verschloss sich im Verlauf spontan. Ein Jahr nach dem Eingriff war die Patientin beschwerdefrei und äußerte einen Kinderwunsch. LO
Quelle: Vidal Valera PG et al.: Herlyn Werner Wunderlich Syndrome with vagino-umbillical fifistula: A most unique presentation. Fertility & Reproduction 2021; 03 (01): 2-9
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