Tumorstadium beim Ovarialkarzinom

Gyn-Depesche 5/2016

Es hängt nicht von Diagnoseschnelligkeit ab

Nach wie vor ist das Ovarialkarzinom die führende Todesursache gynäkologischer Krebserkrankungen – vor allem deshalb, weil es oft erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt wird. Britische Forscher untersuchten, inwieweit Symptomatik, Diagnosezeitpunkt und Tumorstadium zusammenhängen.

Kommentar

Die vorliegende Studie ist die erste, in der die Dauer bis zur Diagnose nach dem Tumortyp unterschieden wurde. Man weiß heute, dass epitheliale Ovarialkarzinome über zwei verschiedene Pathogenese-Wege entstehen: Typ-I-Tumoren entwickeln sich schrittweise aus benignen oder Borderline- Neoplasien, während die aggressiver verlaufenden Typ-II-Tumoren aus Precursor-Läsionen hervorgehen, den sogenannten STIC (Seröse tubare intraepitheliale Karzinome). Um Ovarialkarzinome früher zu diagnostizieren, reicht es offenbar nicht, die Patientinnen für mögliche frühe Symptome zu sensibilisieren. Darüber hinaus sollte sich der Fokus – ähnlich wie beim Zervixkarzinom – auf bekannte Krebsvorstufen richten. Eine Option wäre die Detektion und prophylaktische Entfernung von STIC durch eine Salping ektomie. Somatische Mutationen, die mit STIC und Ovarialtumoren assoziiert sind, lassen sich heute bereits mit neuen genomischen Techniken aus Dünnschichtzytologie- Präparaten nachweisen.

GerryE, Shih EH: Will shorter time interval to diagnose ovarian cancer improve early detection? A perspective from the dualistic model. Ebd. 1021
Anhand einer Symptome-Checkliste gaben 227 Frauen mit neu diagnostiziertem primären epithelialen Ovarialkarzinom Auskunft über Beschwerden in den letzten 15 Monaten. 60 Patientinnen litten an einem indolenten Typ-I-Karzinom (low grade seröse, Klarzell-, endometroide und seröse Tumoren), 134 an einem aggressiveren Typ II (high grade seröse oder endometroide sowie undifferenzierte und Mischtumoren) und 33 an Borderlinetumoren.
Zum Zeitpunkt der Diagnose befanden sich 78% der Typ-I- und 21% der Typ-II-Karzinome im Frühstadium. Überraschend war, dass das Zeitintervall von den ersten Symptomen bis zur Diagnosestellung bei beiden Typen vergleichbar lang (6,5 vs. 7,2 Monate) und nicht mit dem Tumorstadium assoziiert war. Bis zum Arztbesuch vergingen von den ersten Beschwerden beim Typ I weniger als zwei Wochen, beim Typ II ein guter Monat – sowohl beim Früh- als auch beim Spätstadium. Bei jeweils einem Viertel der Patientinnen dauerte es von der Erstpräsentation bis zur Diagnose mindestens neun Monate.
Auch die initialen Symptome glichen sich bei beiden Tumortypen. Vaginale Blutungen bei den vorwiegend postmenopausalen Frauen traten allerdings bei einem Typ-I-Tumor häufiger auf (15 versus 4%). Trotz des ähnlichen Symptomprofils vermuteten die zuerst kontaktierten Ärzte bei einem Typ-I-Tumor häufiger ein gynäkologisches Malignom, was sich in der Zahl der Überweisungen ausdrückte. CW
Quelle:

Lim AWW et al.: Time to diagnosis of Type I or II invasive epithelial ovarian cancers: a multicentre observational study using patient questionnaire and primary care records. BJOG 2016; 123: 1012-20

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