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Gyn-Depesche 2/2021

Familienkonflikte beeinträchtigen fetale Hirnentwicklung

Eine schwierige familiäre Situation während der Schwangerschaft kann sich mehr als zehn Jahre später in einem geringeren Hippocampus-Volumen des Kindes bemerkbar machen.
Im Rahmen der Rotterdamer Generation- R-Studie wurde bei 2.583 Kindern mittels MRT die subkortikale Gehirnentwicklung im Alter von zehn Jahren untersucht. Während der Schwangerschaft und beim Follow- up gaben die Mütter und Väter anhand des validierten „Family Assessment Device“(FAD)-Fragebogens Auskunft über die Familienfunktion. Parallel zum Neuroimaging wurden Verhaltensprobleme des Kindes abgefragt.
Kinder, die laut Angaben der Mutter pränatal einer konfliktreichen Familiensituation ausgesetzt gewesen waren, wiesen im Alter von zehn Jahren ein geringeres Hirnvolumen, weniger weiße Hirnsubstanz und ein geringeres Gesamtvolumen der grauen Substanz auf. Allerdings verloren diese Assoziationen ihre statistische Signifikanz, nachdem StörSpermienfaktoren wie das Geschlecht des Kindes, das maternale Alter und Nikotin- und Alkoholkonsum miteinbezogen worden waren. Erhalten blieb nach der Adjustierung ein verringertes Hippocampus- Volumen. Auf das Volumen der Amygdala und anderer subkortikaler Hirnstrukturen wirkte sich die vorgeburtliche Familiensituation dagegen nicht nachweisbar aus. Verschlechterte sich das familiäre Umfeld erst während der Kindheit, zeigte das keinen signifikanten Einfluss auf die präpubertäre Hirnentwicklung. Der Zusammenhang der Hippocampus-Größe mit der pränatalen familiären Belastung hatte auch dann Bestand, wenn der potenzielle Einfluss einer strengen Erziehung sowie Psychopathologien der Eltern berücksichtigt wurden. Gleichzeitig war eine dysfunktionale Familiensituation Spermienin der Schwangerschaft mit Verhaltensauffälligkeiten im Alter von zehn Jahren assoziiert. Diese wurden zumindest zum Teil durch ein geringeres Hippocampus- Volumen vermittelt. Offensichtlich, so schließen die Autor:innen, gehen die morphologischen Veränderungen den Verhaltensänderungen voraus oder sind sogar ursächlich an deren Entstehung beteiligt.
Auffällig war allerdings, dass die Assoziation mit der Hirnentwicklung in erster Linie auf der maternalen Einschätzung der familiären Situation beruhte. Der beobachtete Zusammenhang mit der Beurteilung des Vaters erwies sich in der adjustierten Analyse als nicht signifikant. Die psychische Belastung der Mutter könnte möglicherweise auch die intrauterine Versorgung des Feten beeinträchtigen – was sich dann potenziell ebenfalls auf das Hirnwachstum auswirken würde. CW
Quelle: Xerxa Y et al.: Association o of poor family functioning from pregnancy onward with preadolescent behavior and subcortical brain development. JAMA Psychiatry 2020; doi: 10.1001/jamapsychiatry.2020.2862

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