Keine Zeit, kein Geld, keine Kinderbetreuung

Gyn-Depesche 4/2022

Langer Weg zum Schwangerschaftsabbruch

Als wäre die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch nicht schon schwer genug: Mehrere US-Bundesstaaten haben ihre Abtreibungsgesetze verschärft oder gar unmöglich gemacht. Diese Restriktionen äußern sich in flächendeckenden Schließungen entsprechender Einrichtungen, wodurch die Anfahrtswege für Frauen immer länger werden. Auch in Deutschland müssen ungewollt Schwangere oft weite Strecken zurücklegen. Eine Lösung könnte die telemedizinisch begleitete Abtreibung sein, die sich in der Pandemie als praktikabel erwiesen hat – und trotzdem oft noch kritisch gesehen wird.
Nicht überraschend stellt schon die Distanz bis zur nächsten Klinik oder Praxis, die Schwangerschaftsabbrüche vornimmt, für viele Frauen eine Hürde dar. Eine webbasierte Kohortenstudie unter Federführung von drei Wissenschaftlerinnen der University of California, USA, hat dies nun in Zahlen ausgedrückt: Bei einem Anfahrtsweg von über 50 Meilen war die Wahrscheinlichkeit, nach vier Wochen noch immer nicht den beabsichtigten Schwangerschaftsabbruch vorgenommen zu haben, zweimal höher als bei Frauen, die weniger als fünf Meilen entfernt wohnten. Für die Studie waren über 1.000 US-Amerikanerinnen zwischen 2017 und 2018 befragt worden, die über Google nach Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen bzw. entsprechenden Einrichtungen gesucht hatten.
Innovative Ansätze könnten dazu beitragen, die mit der Entfernung verbundenen Schwierigkeiten zu verringern, schreiben die Studienautorinnen. Dazu zählen sie vor allem telemedizinisch begleitete medikamentöse Schwangerschaftsabbrüche. Die US-Regierung hat vor Kurzem die Bedingung der persönlichen Anwesenheit eines Arztes / einer Ärztin bei der medikamentösen Abtreibung aufgehoben und damit den Zugang zur telemedizinischen Versorgung ermöglicht – zumindest in den Staaten, in denen die (telemedizinische) Abtreibung nicht per se verboten ist.
Auch in Deutschland stehen viele Frauen vor der Herausforderung, eine entsprechende Praxis oder Klinik in der Nähe zu finden. In der Pandemie hat sich dieses Problem noch verschärft. Eines der wenigen Hilfsangebote kommt seit Ende 2020 vom Familienplanungszentrum BALANCE in Berlin, das in einem Modellprojekt gemeinsam mit Doctors for Choice Germany telemedizinisch begleitete Abbrüche durchführt. Der Anbieter versichert auf seiner Internetseite, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt würden. Und so abschreckend der Gedanke einer Abtreibung ohne persönliche Begleitung eines Arztes oder einer Ärztin für viele anfangs sein mag: Eine kürzlich im An International Journal of Obstetrics and Gynaecology publizierte Studie aus Großbritannien zeigte hohe Zufriedenheitswerte bei Frauen nach telemedizinischer Abtreibung. Zudem prognostizierten die AutorenKosteneinsparungen von etwa drei Millionen Pfund bei routinemäßiger Einführung. RG
Quelle: Pfund bei routinemäßiger Einführung. RG Pleasants EA et al.: d Abortion ... JAMA Netw Open 2022; 5(5): e2212065 Hawkins JE et al.: Telemedicine cost-effectiveness working group. Early medical abortion by telemedicine in the United Kingdom: a costing analysis. BJOG 2022; 129(6): 969-75

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