Prolaps-Chirurgie

Gyn-Depesche 1/2018

Methoden, Vorteile, Komplikationen

Die Prävalenz des Descensus genitalis in der weiblichen Bevölkerung ist hoch: Bis zu 8% der Frauen leiden an einem Prolaps der Geschlechtsorgane. Wissenschaftlerinnen von der Universität Chicago geben einen Überblick über die chirurgischen Behandlungsmöglichkeiten und die damit verbundenen Vor- und Nachteile.

Zur operativen Prolapskorrektur stehen vaginale, offen chirurgische, laparoskopische und Roboter-assistierte Verfahren zur Verfügung. Die abdominalen Techniken werden allerdings aufgrund der damit verbundenen stärkeren Schmerzen, häufigeren Wundkomplikationen und längeren Klinikaufenthalte immer häufiger zugunsten des laparoskopischen Zugangswegs verlassen. Auch die vaginalen Reparaturtechniken ohne Einsatz von Netzen haben eine hohe Erfolgs- und geringe Komplikationsrate sowie ein niedriges Risiko für Reoperationen. Roboter-gestützte Verfahren scheinen hingegen im Vergleich zur laparoskopischen Deszensuschirurgie keine Vorteile zu bringen. Im Gegenteil: Längere Operationszeiten und höhere Kosten sowie eine größere Schmerzbelastung lassen diese Methode unattraktiv erscheinen.
 
Uterus erhalten oder nicht?
 
Die wichtigste Voraussetzung für einen erfolgreichen Deszensuseingriff ist die Refixierung des Vaginalapex. Wird auf diesen entscheidenden Schritt verzichtet, muss in vielen Fällen mit einem operationsbedürftigen Prolapsrezidiv gerechnet werden. Bei einer adäquaten Aufhängung des Scheidengewölbes erübrigt sich dagegen oftmals sogar die Korrektur des anterioren bzw. des posterioren Kompartiments. Die Rolle der Hysterektomie bei der Deszensuschirurgie wird kontrovers diskutiert. Während in der Vergangenheit die operative Korrektur eines Genitalprolaps immer auch die routinemäßige Entfernung des Uterus umfasste, zeichnet sich mittlerweile ein Umdenken ab. Viele Patientinnen lehnen eine Entfernung der Gebärmutter ab und der Uteruserhalt scheint nach aktuellem Kenntnisstand auch keine Nachteile mit sich zu bringen.
Mehr als 40% der Patientinnen, die initial keine Inkontinenzsymptomatik aufweisen, entwickeln nach der Prolapskorrektur eine Belastungsinkontinenz. Zur Zeit ist jedoch unklar, ob allen kontinenten Frauen routinemäßig ein simultaner prophylaktischer Inkontinenzeingriff angeboten werden sollte, bzw. wie die Patientinnen identifiziert werden können, die am meisten von einer solchen Operation profitieren.
Inwiefern durch Netz-Implantationen das Ergebnis der Prolapsoperation verbessert und das Rezidivrisiko gesenkt werden kann, hängt im Wesentlichen vom operativen Zugang sowie dem verwendeten Netz ab. Insbesondere die transvaginale Netz-Einlage wird zunehmend beliebter. Die meiste Evidenz liegt dabei für die Korrektur des anterioren Vaginalkompartiments vor: Im Vergleich zur Reparatur ohne Fremdmaterial sind das OP-Ergebnis mit Netzeinsatz besser, das Risiko für Rezidive und Reoperationen geringer. Allerdings werden nach vaginaler Netzimplantation nicht selten Sekundäreingriffe aufgrund einer Netzerosion erforderlich, und das Risiko für Blasenverletzungen, Blutungen sowie eine de novo Belastungsinkontinenz steigt. Obwohl das ideale synthetische bzw. biologische Netzmaterial noch nicht gefunden wurde, haben moderne synthetische Netze viele Vorteile gegenüber den Fabrikaten der ersten Generationen: Vaginale sowie Blasen- und Darmwanderosionen sind mit den neueren Modellen seltener geworden. Um das Erosionsrisiko zu minimieren, nutzen zudem immer mehr Operateure resorbierbares Nahtmaterial.
Die Autorinnen schlussfolgern: Trotz vieler neuer Operationstechniken und Materialien lassen sich Prolapsrezidive, Reoperationen, Komplikationen und de novo Beckenbodensymptome nicht vollständig vermeiden. Bei der Wahl des chirurgischen Vorgehens sind die Bedürfnisse der Patientin zu berücksichtigen. Die Aufgaben der zukünftigen Forschung sehen die Autorinnen darin, die Rolle des Uteruserhalts bei der Prolapschirurgie zu klären und neue Implantatmaterialien zu entwickeln. Auch präventive Aspekte sowie die genetische Prädisposition und pathophysiologische Mechanismen sollten in den Fokus des Interesses gerückt werden. LO
Quelle:

Geynisman-Tan J, Kenton K: Surgical updates in the treatment of pelvic organ prolapse. Rambam Maimonides Med J 2017; 8(2): e0017

ICD-Codes: N81.6

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