Ärztin lächelt hinter ihrem Mundschutz und unterstreicht ihre Wort im Beratungsgespräch mit Hand-Gesten.

Tipps aus der Psychologie

Gyn-Depesche 2/2022

Mit Impfskeptikern sprechen

Klar: Wer an die Richtigkeit einer Aussage glaubt, etwa dass die Impfung vor allem Vorteile bringt, möchte auch sein Gegenüber überzeugen. Das gilt umso mehr für Ärzte und Ärztinnen, die in der medizinischen Verantwortung für ihre Patienten stehen. Auf dem vergangenen Fortbildungskongress gab der Psychologe Dr. Philipp Schmid Kommunikationstipps, wie man Impfskeptikern begegnen sollte.
Tipp
Tipp: Das von der Universität Erfurt veröffentlichte Handbuch „The COVID-19 Vaccine Communication Handbook“ bietet praktische Hilfe, um die Gesundheitskommunikation rund um das Thema Impfen zu verbessern und die Verbreitung von Falschinformationen einzuschränken. Kostenlos zum Download unter uni-erfurt.de
In der Gesundheitskommunikation werde oft vergessen, dass es nicht nur um gute, evidenzbasierte Argumente geht, erklärte Schmid, sondern allem voran um den Menschen hinter dem Impfskeptiker – darum, wie wir eine Botschaft vermitteln, ohne unser Gegenüber bloßzustellen oder mit Fachwissen zu überfahren. Denn auch die Beweggründe von Wissenschaftsleugnern sind meist emotionaler Natur, auch wenn es vordergründig oft einen anderen Anschein hat. Zu den Treibern zählen häufig irrationale Ängste (z. B. vor der Spritze), für die sich Menschen rationale Erklärungen suchen. Auch kann es Ausdruck der eigenen Identität sein, sich gegen die etablierte Meinung zu stellen. Im Gespräch mit Impfgegnern ist es deshalb wichtig, Empathie zu zeigen, z. B. durch offene Fragen („Was denken Sie eigentlich über‘s Impfen?“) und Bestätigung („Wenn ich das gelesen hätte, wäre ich auch auf diesen Trichter gekommen“), um eine respektvolle Atmosphäre zu schaffen.
 
Erst danach sollten inhaltliche Argumente folgen:
  • Laut empirischen Studien ist der wissenschaftliche Konsens eine überzeugende Information (z. B. „90 % der Mediziner sind sich einig, dass ...“)
  • Überzeugend kann auch der Verweis auf den gesellschaftlichen Nutzen sein
  • Als wirksamstes Mittel in der Gesundheitskommunikation gilt der persönliche Rat durch den Hausarzt, Pädiater, Gynäkologen
Ärzte und Ärztinnen haben deshalb eine besondere Verantwortung, Falschinformationen zu korrigieren. Dabei ist es unerheblich, ob sich die Korrektur auf inhaltliche Aspekte bezieht oder ob rhetorische Techniken demaskiert werden. Zu den häufigsten rhetorischen Techniken von Wissenschaftsleugnern zählen etwa das Zitieren falscher Experten oder das Schüren unmöglicher Erwartungen (z. B., dass die Impfung zu 100 % sicher sein sollte).
Und wichtig: Es gibt für Menschen nichts Schlimmeres, als sich die Welt nicht mehr erklären zu können. Nimmt man ihnen ein Erklärungsmodell weg (die Falschinformation), muss man eine Alternative bieten. Versuchen Sie deshalb auf die folgenden Aspekte einzugehen: Wo kam die Falschinformation her? Warum hat das Gegenüber daran geglaubt? Und was ist die korrekte Information? RG
Quelle: FOKO 2022, aus dem Vortrag „Fake News zum Impfen – Rhetorische Fallen erkennen und vermeiden“, Dr. Philipp Schmid, Erfurt
Urheberrecht: Adobe Stock - fizkes

Alle im Rahmen dieses Internet-Angebots veröffentlichten Artikel sind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch Übersetzungen und Zweitveröffentlichungen, vorbehalten. Jegliche Vervielfältigung, Verlinkung oder Weiterverbreitung in jedem Medium als Ganzes oder in Teilen bedarf der schriftlichen Zustimmung des Verlags.

x