Metastasiertes triple-negatives Mammakarzinom (mTNBC)

Gyn-Depesche

Zweitlinientherapie mTNBC: Sacituzumab govitecan mit hoher Effektivität auch bei „HER2-low“

Das anti-Trop2-gerichtete Antibody-Drug-Conjugate (ADC) Sacituzumab govitecan (Sg; Trodelvy®) ist gemäß seiner Zulassung eine effektive Therapie ab der zweiten Linie bei nicht resezierbarem oder metastasiertem triple-negativem Mammakarzinom (mTNBC): Konkret für alle erwachsenen Patient:innen mit zwei oder mehr systemischen Vortherapien, davon mindestens eine gegen die fortgeschrittene Erkrankung.1 Sg kann unabhängig vom PD-L1-Status, dem BRCA1/2-Mutationsstatus oder der Höhe der Trop2-Expression eingesetzt werden.2,3 Und auch bei niedriger HER2-Expression – „HER2-low“ – kann Sg wirken.4 „Die Entscheidung zum Einsatz von Sg bei mTNBC kann unabhängig von HER2-low und anderen Biomarker erfolgen“, so Prof. Frederik Marmé, Mannheim, anlässlich eines Satellitensymposiums zur Jahrestagung 2023 der German Breast Group (GBG) in Frankfurt am Main. Die Daten zu Sg seien in allen Subgruppen beeindruckend, urteilt Marmé.

In der randomisierten Phase III-Zulassungsstudie ASCENT erhielten mTNBC-Patient:innen Sg ab der zweiten Therapielinie, knapp 30 % waren mit einem Checkpoint-Inhibitor vorbehandelt.2 Die finale Auswertung5 bestätigte für Sg vs. einer Monochemotherapie (Eribulin, Vinorelbin, Capecitabin oder Gemcitabin) nach Wahl von Arzt oder Ärztin rund eine Verdreifachung des medianen progressionsfreien Überlebens (PFS) für Patient:innen ohne Hirnmetastasen, dem primären Studienendpunkt (mPFS: 5,6 vs. 1,7 Monate; HR 0,39; p<0,0001). Das relative Sterberisiko reduzierte sich um 52 % im Sg-Arm mit einem medianen Gesamtüberleben (OS) von 12,1 Monaten versus 6,7 Monate (HR 0,48; p<0,0001),5 erläuterte Marmé.

Trop2 kein prädiktiver Marker für Sg

Sg könne unabhängig vom HER2- oder auch Trop2-Status bei mTNBC eingesetzt werden, erklärte Marmé. Das ADC habe in der ASCENT-Studie zum Beispiel unabhängig von der Höhe der Trop2-Expression gewirkt. Zwar hatten Patient:innen mit hoher und mittlerer Trop2-Expression in Subgruppenanalysen besonders deutlich von Sg (ORR: 44 % vs. 1 % und 38 % vs. 11 %; mOS: 14,2 und 14,9 Monate vs. 6,9 Monate) profitiert, aber auch bei Patient:innen mit niedriger Trop2-Expression war das ADC der Monochemotherapie überlegen (ORR: 22 % vs. 6 %; OS: 9,3 vs. 7,6 Monate).3 Trop2 sei daher kein prädiktiver Marker für Sg, so Marmé.

Hohe Effektivität bei niedriger HER2-Expression

Eine retrospektive explorative Auswertung der ASCENT-Daten bestätigte die hohe Wirksamkeit von Sg auch für mTNBC-Patient:innen mit niedriger HER2-Expression („HER2-low“) – definiert als nur geringe immunhistochemisch (IHC) nachweisbare HER2-Expression und ohne Amplifikation des HER2-Gens (HER2 IHC1+ oder IHC2+ / ISH-negativ).4 Das mediane PFS betrug 6,2 Monate vs. 2,9 unter Monochemotherapie (HR 0,44; p=0,002; 95 %-KI 0,27-0,72) und das mediane OS 14,0 vs. 8,7 Monate (HR 0,43; p<0,001; 95 %-KI 0,28-0,67).4 Die Risikoreduktion für die Patient:innen ohne HER2-Expression (HER2 IHC0) war vergleichbar, mit einem medianen OS von 11,3 vs. 5,9 Monate (HR 0,51; p<0,001).4

Die ASCENT-Studie ist derzeit die größte Studie zu ADCs bei mTNBC. Fast ein Viertel der Patient:innen wiesen einen „HER2-low“-Status auf,4 erläuterte Marmé. Das ADC habe somit die höchste Evidenz für dieses Kollektiv mit mTNBC. HER2-low sei ein neuer wichtiger Biomarker, Karzinome mit diesem Status fallen allerdings immer noch in die Gruppe TNBC, wenn gleichzeitig die Hormonrezeptoren fehlen. Die neuen Erkenntnisse zur HER2-low-Expression bei einem Teil der mTNBC-Patient:innen haben keinen Einfluss auf die Einsatzmöglichkeiten von Sg. Marmé empfahl, Sg zulassungskonform frühzeitig, möglichst schon in der zweiten Therapielinie des mTNBC einzusetzen.

Re-Biopsien für eine akkurate Therapieentscheidung

Dr. Laura Michel, Heidelberg, stellte Daten von 25 Patient:innen mit mTNBC vor, die noch vor Zulassung von Sg im Rahmen eines Härtefallprogramms bzw. nach individuellem Kostenübernahmeantrag mit dem ADC behandelt wurden. Die praktischen Erfahrungen in Heidelberg seien konsistent mit den Studiendaten. Da sich die Tumorbiologie bzw. der Rezeptorstatus im Krankheitsverlauf ändern könne, sei es wichtig, im Krankheitsverlauf Re-Biopsien durchzuführen. Im eigenen Kollektiv hätten 3 der 25 Patientinnen initial einen positiven Hormonrezeptor-Status gehabt. Erst bei der Re-Biopsie der Patientinnen habe sich eine triple negative Tumorbiologie gezeigt.

Subgruppenanalysen der ASCENT Studie zufolge profitieren diese Patient:innen ähnlich wie Patient:innen, bei denen sich bereits initial eine triple negative Erkrankungssituation zeigt. Somit ermöglichen es Re-Biopsien auf Änderungen der Tumorbiologie therapeutisch zu reagieren.

Sg gut handhabbar, ILD wurden nicht beobachtet

Sg lasse sich im Therapiealltag gut handhaben, betonte Michel. Die Therapieabbruchrate war in der ASCENT-Studie vergleichbar mit dem Monochemotherapie-Arm (4,7 % vs. 5,4 %).2,6 Mit einer primär prophylaktischen G-CSF-Gabe lasse sich beispielsweise die Neutropenierate deutlich reduzieren. Sie empfahl zudem eine anti-emetische Prämedikation mit Dexamethason, einem 5HT3-Rezeptorantagonisten ± einem NK1-Rezeptor-Antagonisten. Eine interstitielle Lungenerkrankung (ILD) wurde Michel zufolge im untersuchten Kollektiv nicht beobachtet. Nahezu alle Patient:innen entwickelten aber eine mehr oder weniger ausgeprägte Alopezie und darüber sollten sie, wie über andere mögliche Nebenwirkungen auch, vorab aufgeklärt werden.

 

Literatur

1 Fachinformation Trodelvy®. Stand Februar 2023.

2 Bardia A et al. N Engl J Med 2021, 384: 1529–41.

3 Bardia A et al. Ann Oncol 2021, 39(9): 1148–56.

4 Hurvitz SA et al. Ann Oncol 2022, 33(suppl_3): S194–S223. Post-hoc-Subgruppenanalyse der randomisierten Phase-III-Studie ASCENT (NCT02574455) um die Wirksamkeit von Sg in der Intention-to-Treat (ITT)-Population (n=529) nach HER2-Status (HER2-negativ/HER2-low) zu bestimmen. Die letzte Biopsie/der letzte pathologische Bericht diente zur Beurteilung des HER2-Status. HER2-positive Patient:innen waren nicht teilnahmeberechtigt. Die Studie ist limitiert durch die fehlende zentrale Bewertung der HER2-Expression und durch fehlende spezifische immunhistochemische HER2-Ergebnisse bei ca. 20 %.

5 Bardia A et al. J Clin Oncol 2022, 40(16_suppl): 1071–1071. Aktualisierte Wirksamkeitsanalyse (finaler Datenschnitt: 25. Februar 2021) der Phase-III-Studie ASCENT (NCT02574455), die zusätzliche Wirksamkeits- und Sicherheitsdaten von weiteren 17 Patient:innen einschließt. Diese Follow-up-Analyse zeigt weiterhin einen Vorteil von Sg gegenüber einer Chemotherapie nach Wahl der Ärztin oder des Arztes in Bezug auf PFS und OS konsistent mit der vorab festgelegten Endanalyse (Datenschnitt 11. März 2020).

6 Michaleas S et al. ESMO Open 2022, 7(3): 100497

Quelle: Satelliten-Symposium Gilead Oncology zur Jahrestagung 2023 der German Breast Group GBG, hybrid, Donnerstag, 2. März 2023; Veranstalter: Gilead Sciences GmbH
ICD-Codes: C50
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