Migräne ist bei Frauen 3-mal häufiger als bei Männern. Der Gipfel der Inzidenz liegt in der fertilen Lebensphase, aber die Migräne-Symptomatik nimmt oft in den mittleren Jahren zu, offensichtlich im Zusammenhang mit den hormonellen Fluktuationen des menopausalen Übergangs. Dann werden die Tage mit Migräne- Attacken typischerweise mehr. Eine Neurologin aus New York hat sich mit den bisher wenig untersuchten Zusammenhängen in dieser Lebensphase befasst.
Es gilt als klinische Erfahrung, dass die Migräne nach einem Gipfel im späten dritten Jahrzehnt beim Herannahen der Menopause nachlässt. Von den beiden Haupttypen der Migräne – mit bzw. ohne Aura – wird in erster Linie letztere Form von Hormonveränderungen beeinflusst. Bei der Migräne fertiler Frauen unterscheidet man weiterhin nach dem Zusammenhang mit dem Zyklus (perimenstruelle Migräne) 3 Ausprägungen: die rein menstruelle Migräne, die von der Menstruation beeinflusste Migräne und die von den Menses unabhängige Migräne. Bei 50 bis 70 % der Patientinnen kommen sowohl Attacken mit als auch solche ohne Zusammenhang mit den Blutungen vor.
Ein starker Trigger
Nach Stress ist die Menstruation der zweithäufigste Trigger von Migräne- Attacken. Vor Jahrzehnten haben experimentelle Daten Anhaltspunkte dafür geliefert, dass der Östrogenabfall in der späten Lutealphase bei disponierten Frauen Migräne auslöst. Dieser Zusammenhang wurde lange nicht weiter verifiziert. Eine neuere Studie (SWAN) führte zur „two-hit“-Hypothese, die besagt, dass es bei Frauen mit Migräne- Anamnese zu einem besonders schnellen Rückgang des Östrogenspiegels nach dem spätlutealen Peak kommt und dass dieses endokrine Muster zu einer neuroendokrinen Vulnerabilität führt; diese wiederum begünstigt die Auslösung von Migräne-Attacken durch bekannte Trigger wie Stress, Schlafstörungen, bestimmte Nahrungsmittel, Alkohol etc. Der Zusammenhang ist offenbar komplex. Um ihn besser zu verstehen, sind weitere Studien nötig. Wahrscheinlich gibt es unterschiedliche pathophysiologische Mechanismen bei verschiedenen Frauen. Die perimenstruelle Migräne dauert meist mehrere Stunden an, manchmal aber auch Tage. Sie spricht nicht gut auf Analgetika an. Andererseits bietet sich den betroffenen Frauen die Möglichkeit, mit „präemptiver“ Medikation die Dauer der Anfälle zu verkürzen.
Wieder Östrogen-Effekte
Die perimenopausale Migräne steht offenbar in Zusammenhang mit perimenopausalen Hormonschwankungen. Die Attacken nehmen nach Eintritt der natürlichen Menopause parallel zum Rückgang des Östrogenniveaus ab. Dies trifft allerdings nicht auf eine chirurgisch induzierte Menopause zu; in diesen Fällen verstärkt sich die Migräne bei 67 % der betroffenen Frauen. Das wurde auch bei Frauen beobachtet, bei denen die Menopause durch Gabe eines Gonadotropin- Releasing-Hormon-Agonisten induziert wurde. Fälle von schwerer chronischer Migräne wurden vereinzelt schon durch chirurgische Oophorektomie gebessert, aber der Nutzen dieser drastischen Maßnahme ist nicht evidenzbasiert.
Etablierte Therapie
Die Therapie der perimenopausalen Migräne entspricht der bei anderen Formen. Zu den nicht pharmakologischen Optionen gehören ein „gesunder“ Lebensstil und Maßnahmen wie Entspannungstraining oder Biofeedback. Eckpfeiler der medikamentösen Akuttherapie sind NSAR, evtl. kombiniert mit Antiemetika. Triptane können ebenfalls als First-Line- Therapie dienen, sofern die Patientin keine erhöhten kardiovaskulären Risiken hat. Für die kontinuierliche Prophylaxe eignen sich u. a. Antiepileptika (Topiramat, Valproat), Betablocker und trizyklische Antidepressiva (z. B. Amitriptylin). Ein aussichtsreiches Prophylaktikum scheinen monoklonale CGRP-Antikörper zu sein (derzeit sind 3 Varianten verfügbar).