Intraabdominaler Druck in vivo

Gyn-Depesche 2/2015

Wie Frauen gehen und tragen sollten

Um Störungen des Beckenbodens vorzubeugen, wird Frauen empfohlen, schweres Heben zu vermeiden. Nun ist es gelungen, den intraabdominalen Druck auch ambulant zu messen.

KOMMENTAR

Auf den ersten Blick stehen die Empfehlungen der Autoren zur Schonung im Gegensatz zur Arbeit von Nygaard IE et al., über die wir auf Seite 26 in dieser Ausgabe berichten: Eine regelmäßige körperliche Belastung führte hier nicht zu einem vermehrten Auftreten von Beckenbodenproblemen (POP). Eine Ausnahme fand Nygaard dennoch: Mehr als 21 Wochenstunden mit anstrengender Tätigkeit zeigten bei Teenagern eine Tendenz zur späteren POP-Entwicklung. In „vulnerablen Phasen“ wie körperliche Entwicklung, Geburt oder postoperativ könnte Schonung wohl doch ein probates Mittel sein, spätere Beckenbodenprobleme zu reduzieren.

Redaktion Gyn-Depesche
Etwa 40% aller Frauen erleiden irgendwann in ihrem Leben Probleme mit dem Beckenboden. Bis zu 19% müssen daran operiert werden. Ein chronisch erhöhter intraabdominaler Druck gilt als Risikofaktor. Zur Abschätzung des intraabdominalen Drucks (IAD) entwickelten Forscher nun einen kabellosen intravaginalen Signaltransduktor. Diesen nutzten sie, um den IAD von Frauen in verschiedenen Belastungssituationen zu messen.
46 gesunde Teilnehmerinnen zwischen 19 und 54 Jahren, 78% davon Nullipara, ließ man 13,6 kg, das etwaige Gewicht eines dreimonatigen Kindes in einem Autokindersitz, über eine Strecke von 100 m auf sechs verschiedene Weisen tragen: die Gesamtlast im Rucksack, frontal in beiden Armen auf Hüfthöhe getragen oder seitlich aufs Becken gestützt, oder aufgeteilt je 6,8 kg an jeder Hand oder teils aufs Becken gestützt und teils an der gegenüberliegenden Hand getragen. Bei der letzten Variante sollten die Teilnehmerinnen einen richtigen Kindersitz mit entsprechender Zusatzlast so tragen, wie sie wollten. Außerdem sollten die Frauen eine Distanz von 400 m in subjektiv langsamer, normaler und hoher Schrittgeschwindigkeit bewältigen.
Im Mittel lag der IAD im Liegen oder Stehen bei 11,7±6,5 bzw. 31,9±9,6 cmH2O. Der maximale IAD stieg mit der Schrittgeschwindigkeit von 42,5±10,2 über 50,5±10,9 auf 62,0±12,1 cmH2O an (jeweils p<0,0001). Die Höhe des intraabdominalen Drucks blieb dabei über die Tragezeit konstant. Verglichen mit der Rucksackmethode fiel der maximale IAD bei selbstbestimmtem Tragen des Kindersitzes sowie seitlichem und frontalem Heben des Gesamtgewichts höher aus (55,5±11,4 vs. 65,8 ±10,6; 67,7 ±12,8 bzw. 77,3±13,1 cmH2O; p<0,0001).
Ob diese unterschiedlichen IADMuster auch das Risiko für Störungen des Beckenbodens unterschiedlich beeinflussen können, bleibt unklar. Die Autoren raten Frauen, postoperativ oder postpartum ihr Tragegewicht gleich mäßig zu verteilen und ein hohes Gehtempo zu vermeiden. OH
Quelle:

Coleman TJ et al.: Effects of walking speeds and carrying techniques on intra-abdominal pressure in women. Int Urogynecol J 2014; Epub Dez 20; doi: 10.1007/s00192-014-2593-5

ICD-Codes: N81.8

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